Festspielhausgelände | Revitalisierung des Areals
Nach dem Abzug der Sowjetarmee 1992 boten das Festspielhaus und die umliegenden Gebäude ein Bild des Verfalls. Schon bald reifte die Idee, das Festspielhausgelände als kulturellen Ort wiederzubeleben. Bereits 1990 hatte sich der Förderverein für Europäische Werkstatt für Kunst und Kultur Hellerau e. V. gegründet und Visionen für die zukünftige Nutzung und Gestaltung des Ensembles entwickelt. Treibende Kraft war das Engagement der Wüstenrot Stiftung, das darauf abzielte, Kräfte zu bündeln und durch die Bereitstellung finanzieller Mittel die Revitalisierung aktiv zu gestalten. Zunächst retteten Notsicherungsmaßnahmen das Festspielhaus vor dem Verfall, danach wurden die Pensionshäuser saniert.
Bestandsaufnahme und Ideenfindung
Nach dem Abzug der der Sowjetarmee boten das Festspielhaus und die umliegenden Gebäude durch die intensive militärische Nutzung, Mangelwirtschaft und das Vergessen der historischen Gegebenheiten ein Bild des Verfalls. Schon bald reifte die Idee, das Festspielhausgelände wieder als kulturellen Ort in Deutschland wiederzubeleben, bei dem die Geschichte zwischen Traum, Größenwahn und Zerstörung reflektiert wird. Bereits 1990 hatte sich der Förderverein für Europäische Werkstatt für Kunst und Kultur Hellerau e.V. unter dem Vorsitz des Theaterwissenschaftlers Detlev Schneider gegründet und Visionen für die zukünftige Nutzung und Gestaltung des Ensembles entwickelt. Treibende Kraft war das Engagement der Wüstenrot Stiftung, das darauf abzielte, Kräfte zu bündeln und durch die Bereitstellung finanzieller Mittel die Revitalisierung aktiv zu gestalten.
Anfang 1995 veranstaltete die Wüstenrot Stiftung in Zusammenarbeit mit der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und dem Förderverein das internationale Symposium „Hellerau: Stand Ort Bestimmung“. 1997 wurde ein internationaler Ideenwettbewerb für das Gelände ausgelobt, dessen Siegerentwurf jedoch nie ausgeführt wurde. Ihm folgte 1999 ein Realisierungswettbewerb, den im Jahr 2000 das Münchner Architekturbüro Meier-Scupin & Partner für sich entschied. Ihr Siegerentwurf stellte die Grundlage für den nachfolgenden Bebauungsplan und die 2002 abgeschlossene Grundkonzeption dar.
Erste Grundsicherung des Festspielhauses
Die lange militärische Nutzung des Areals hatte am Festspielhaus schwere Schäden hinterlassen. Um es vor dem endgültigen Verlust zu bewahren, fanden 1994/95 zunächst Notsicherungsmaßnahmen am Dach und Seitenflügel statt. Die weitere Grundinstandsetzung stellte 1997–99 insbesondere mit Mitteln der Deutschen Stiftung Denkmalschutz die Dächer, das Foyer und die Treppenhäuser wieder originalgetreu her.
Geschichte der Pensionshäuser
Die vier eingeschossigen größeren Pensionshäuser an der Ost- und Westseite des Festspielhauses wurden für die Umnutzung zur Polizeischule 1938 abgetragen und durch zwei zweigeschossige Kasernenbauten ersetzt. Sie schlossen nun den einst freizügigen und offenen Platz und veränderten damit signifikant die Gesamtwirkung des Gebäudeensembles.
Die dem Festspielhaus gegenüberliegenden Pensionshäuser blieben dagegen weitgehend erhalten und waren auch bis zum Auszug der Sowjetarmee 1992 bewohnt. Die langjährige militärische Nutzung als Wohnstätte für die Offiziere führte zu einem hohen Verschleiß der Substanz. Schließlich waren die vier Häuser vom völligen Verfall bedroht. Mit dem Engagement der Wüstenrot Stiftung konnten diese bedeutenden Zeugnisse der Geschichte von Hellerau als Baudenkmale gerettet werden. Am 3. Oktober 1996 waren die beiden östlichen Gebäude nach einer von der örtlichen Denkmalpflege begleitenden rekonstruierenden Wiederherstellung bezugsfertig, am 27. Juni 2002 wurden auch die westlichen Pensionshäuser in einem feierlichen Akt übergeben. Alle vier Häuser werden heute von der Kulturstiftung des Freistaates Sachsen und dem Sächsischen Kultursenat genutzt, eins davon als Stipendiatenhaus mit je einer Wohnung für einen im Exil lebenden Schriftsteller und einen Tessenow-Stipendiaten.
Konstruktion mit der „Tessenow-Wand“
Tessenow griff als Konstruktion für die eingeschossigen Gebäude auf den traditionellen Fachwerkbau zurück, der als einfache und kostensparende Bauweise seiner Auffassung vom zweckmäßigen Wohnungsbau am meisten entsprach. Er hatte sich intensiv mit der Typisierung von Wandbauteilen beschäftigt und im Jahre 1909 die von ihm entwickelte und auch bei den Pensionshäusern verwendete „Tessenow-Wand“ patentieren lassen. Diese tragende Hohlwand mit zirkulierender Luftschicht besitzt eine Rahmenkonstruktion aus Schwell- und Rähmbalken sowie massive Eckständer mit dazwischen eingestellten Brettern. Das Wandgefüge ist jeweils außen und innen mit aufrecht versetzten Backsteinen gemauert. Die verbleibende Luftschicht von etwa 7 cm hatte Zuluftöffnungen in den raumseitigen Fußleisten, die mit Messingrosetten abgedeckt waren. Der Luftaustritt geschah vermutlich durch den Dachraum nach außen.
Durch die nicht ausreichende Lüftung der Wandkonstruktion und regelmäßige Durchfeuchtung war im unteren Bereich der Außenwand ein Befall mit Hausschwamm entstanden, der die Baudenkmale schwer geschädigt hat.
Sanierung der Pensionshäuser
Aufgrund ihres sehr schlechten Zustandes wurden zunächst die beiden östlichen Gebäude und deren Verbindungsbau saniert. Da eine substanzerhaltende Sanierung in vielen Teilbereichen nicht möglich schien, entschied man sich für eine rekonstruierende Wiederherstellung der Bauwerke nach historischem Befund. Dabei wurden alle beschädigten Teile entfernt und originalgetreu nachgebaut.
Bei den westlichen Pensionshäusern beschloss die Wüstenrot Stiftung dagegen, die Gesamtheit des überkommenen Bestandes zu erhalten. Sie wurden als Geschichtsdenkmal saniert, bei dem Alters- und Gebrauchsspuren zu erhalten sind. Die Unterschiede zum Prinzip einer gründlichen Erneuerung wie bei den östlichen Pensionshäusern ist bei einem Vergleich deutlich erkennbar. So wurden zur Beseitigung des Hausschwammbefalls nur die zerstörten Teile bis auf den tragfähigen Querschnitt entfernt und der eventuell noch vorhandene Schwamm anschließend durch eine Spezialbehandlung abgetötet.
Alle konservatorischen Maßnahmen waren auf den Erhalt des Geschichtsdenkmals ausgerichtet. Ziel dabei war es, für spätere Generationen die Planungs-, Konstruktions- und ursprüngliche Nutzungsweise der Bauwerke nachvollziehbar zu machen. Die Raumstruktur der Erbauungszeit war bei der Befunduntersuchung deutlich ablesbar, die Funktion der einzelnen Räume jedoch nicht. Überliefert ist nur, dass hier die Lehrkräfte der Dalcroze-Schule wohnten.
So ist es gelungen, durch behutsame Sanierung einen einzigartigen Gebäudekomplex mit umfangreicher originaler Bausubstanz zu retten. Die Sanierung der westlichen Pensionshäuser hat darüber hinaus gezeigt, dass Instandsetzungsarbeiten dieser Art einen wichtigen Beitrag zur Erforschung und Entwicklung neuer Verfahren leisten können, mit denen auch sehr geschädigte Bauteile wieder konstruktions- und gestaltungsgerecht erhalten werden können.