Das Festspielhausgelände als Kaserne der Sowjetarmee
Die Sowjetarmee nutzte das Festspielhausgelände bis 1992 als Kaserne für mehrere Bataillone. Der Tanzsaal diente als Turnhalle, in der westlichen Kaserne war das Sanitätsbataillon mit OP-Sälen untergebracht, in der anderen wohnten die Soldaten. Das Leben auf dem Armeegelände spielte sich hinter Mauern und Stacheldraht ab und das Festspielhaus war ganz auf die militärische Nutzung ausgerichtet. Die meisten Spuren der Sowjetarmee verschwanden im Laufe der Wiederherstellung des Geländes. Erhalten geblieben sind jedoch die markanten Fresken des Militärkünstlers Michail Worobey, die an den Sieg über Hitler-Deutschland erinnern sollten.
Armeegelände für weitere 47 Jahre
Kurz nach der Eroberung Dresdens am 8. Mai 1945 begann die 47-jährige Nutzung des Festspielhausgeländes durch die Sowjetarmee. Wegen seiner einschlägigen Vornutzung und dem Ausbau des kleinen Regionalflugplatzes Klotzsche zu einem großen Militärflughafen bot sich das Areal als Kasernenstandort förmlich an. Zwar wurde das Festspielhaus 1979 in die Zentrale Denkmalliste der DDR aufgenommen, doch blieb es den Behörden ebenso wie der Öffentlichkeit verborgen. Bis zum Spätsommer 1992 war das Gelände Heimat für konstant mehrere Hundert sowjetische Soldaten, Offiziere und Zivilisten des 189. Sanitätsbataillons, des 153. Nachrichtenbataillons, der 528. ABC-Schutzkompanie, von Fallschirmjägern sowie der 602. Kompanie Spezielle Dienste, die als schnelle Eingreiftruppe direkt dem sowjetischen Innenministerium unterstellt war und im Falle von Unruhen zu deren sofortiger Niederschlagung bereitstand.
Das Leben auf dem von der Karl-Liebknecht- bis zur Boltenhagener Straße reichenden Armeegelände spielte sich hinter Mauern und Stacheldraht ab. Das Festspielhaus war vom Keller bis zum Dach auf die militärische Nutzung ausgerichtet. Der Tanzsaal diente als Turnhalle, im Obergeschoss waren die Soldaten untergebracht. Der repräsentative, nach Südosten gehende Ausstellungsraum bildete als Lenin-Zimmer das Zentrum des kulturellen soldatischen Lebens. Im westlichen der beiden in den 30er-Jahren entstandenen Kasernenflügel befanden sich die OP-Säle und weiteren Räumlichkeiten des Sanitätsbataillons. Der östliche Gebäudezug diente hauptsächlich als Wohngebäude. Das freistehende Wohnhaus an der Hauptzufahrt beherbergte im Keller die große Kantine, in den oberen Stockwerken lebten ebenso wie in den vier kleinen Torhäusern Offiziere und Zivilisten.
Adolfs Eva in Hellerau – sowjetische Mythen
Die eigentliche Geschichte des Areals als Ort der Reformbewegung und der Kunst blieb den meisten Soldaten verborgen. Stattdessen gediehen alsbald Mythen, die in der sowjetischen Armee äußerst beliebt waren. Sie dienten vor allem dem Aufrechterhalten der Moral durch die Erinnerung an den großen Sieg über die Nationalsozialisten, und es galt als besonders rühmlich, an einem Standort gedient zu haben, wo Wehrmachtsgeneräle oder gar Adolf Hitler gewirkt haben sollen. So geht bis heute unter Ehemaligen die Legende um, Adolf Hitlers Geliebte Eva Braun höchstpersönlich habe einst in Hellerau Ballettunterricht erhalten.
Was die Geschichte übrig ließ
Die meisten Spuren der Nutzung durch die Sowjetarmee verschwanden im Laufe der Wiederherstellung des Geländes. Das wohl markanteste Relikt aber findet sich bis heute im Treppenhaus des Festspielhauses. Großflächige Fresken erinnern in beiden Gebäudeflügeln an den Sieg über Hitler-Deutschland 1945 und zeichnen den Kampfesweg des Sanitätsbataillons nach. Der Weißrusse Michail Worobey, der damals in Dresden als Militärkünstler diente, schuf sie im Sommer 1979. Die Fresken wurden bei der Sanierung bewusst bewahrt und im Jahr 2013 teilrestauriert. Was lange niemand wusste: Unter den bunten Werken schlummern andere, vermutlich ältere Fresken, die Worobey übermalte.