Karl Schmidt
In Hellerau bei Dresden wurden 1908/09 die Grundsteine für das neue Firmengebäude der Deutschen Werkstätten und eine Gartenstadt nach englischem Vorbild gelegt. Beides wäre ohne den fortschrittlichen Unternehmer und Reformer Karl Schmidt nicht möglich gewesen. In Zschopau geboren, brachte er aus seinen Wanderjahren durch Europa wegweisende Ideen nach Dresden und suchte in einem Netzwerk gleichgesinnter Persönlichkeiten nach Möglichkeiten, sie zum Leben zu erwecken. Bessere Wohnverhältnisse, die Erneuerung des Handwerks, Bildung, die sozialen Aspekte des Zusammenlebens und der Erhalt natürlicher Ressourcen wurden zu seinen Lebensaufgaben. Der 1875 in Zschopau geborene Carl Camillo Schmidt starb 1948 nach einem Leben voller Innovationen und Ideen in Hellerau, das es ohne seine Initiative wohl nicht gegeben hätte.
Netzwerke der neuen Zeit
Der aus armen Verhältnissen stammende Gründer der Deutschen Werkstätten Karl Schmidt war mit dem Politiker Friedrich Naumann befreundet und glaubte fest an dessen sozialreformerische Ideen. Weitere enge Weggefährten waren der Architekt Hermann Muthesius und der Maler, Entwerfer und sein späterer Schwager Richard Riemerschmid. 1907 kam auf Empfehlung Naumanns noch Wolf Dohrn hinzu, der zur treibenden Kraft im Festspielhaus-Projekt wurde. Er trat zunächst als Generalsekretär in Schmidts Dienste und wechselte noch im gleichen Jahr in den neu gegründeten Werkbund. Karl Schmidt war auch hier ein unermüdlicher Mitstreiter. Er und die Deutschen Werkstätten gehörten zu den Gründungsmitgliedern dieser wichtigen Institution. Mit der Zeit traten wichtige Entwerfer und Entwerferinnen der Zeit der Designerriege seines Unternehmens bei: neben Richard Riemerschmid und Hermann Muthesius waren das u.a. Joseph Maria Olbrich, Mackay Baillie Scott und Charles Rennie Mackintosh, Heinrich Tessenow, Peter Behrends, Bruno Paul, Karl Bertsch und auch Frauen wie Gertrud Kleinhempel und Margarete Junge.
Karl Schmidt und die Gartenstadt
Als der Tischler und Unternehmer Karl Schmidt mit den Deutschen Werkstätten wirtschaftlichen Erfolg hatte, suchte er nach Land für einen eigenen Unternehmensbau. Gleichzeitig wünschte er sich einen gesunden Wohnort für seine Arbeiter und Angestellten. Eine Gartenstadt nach Ideen des Engländers Ebenezer Howard war für ihn die Lösung. Den Bauplatz für beides fand er im Gebiet Klotzsche/Rähnitz bei Dresden, auf dem sogenannten Heller. Er kaufte zunächst das gesamte Gelände und übergab einen großen Teil der neu gegründeten Gartenstadt-Hellerau-Gesellschaft, obwohl Schmidt selbst den Kauf finanzieren musste. Dem Unternehmer war die genossenschaftliche Verwaltung sehr wichtig, er betonte jedoch immer, dass unternehmerische Überlegungen der Ausgangspunkt solchen Handelns waren.
Willenskraft Wege schafft – Innovationen Schmidts
Diesen Spruch schrieb Karl Schmidt in ein frühes Notizbuch. Er folgte in allem Handeln einer klaren Abfolge: Sehen, Bewerten, Fokussieren, Handeln. Ähnlich ging er auch an Innovationen heran, von denen die Deutschen Werkstätten viele zu bieten hatten. Die meisten von ihnen stammten direkt von Schmidt oder wurden zumindest durch ihn betreut oder angeregt. Auf diesem Wege wurde das Unternehmen zu einem Ort der Erfindungen und Neuanfänge auf allen Ebenen. Nach dem Besuch des Ersten Kunsterziehungstages 1901 in Dresden gründete er eine Firma zur Herstellung von Reformspielzeug. Er stellte die Verträge mit den Entwerfern auf eine Gewinnbeteiligung um. Er beschäftigte überdurchschnittlich viele Frauen als Designerinnen. Er erfand die gesperrte Tischlerplatte und zusammen mit Richard Riemerschmid das Maschinenmöbel in Großserie. Er hielt viele Patente, schuf der Lebensreform eine Heimat und korrespondierte darüber mit aller Welt. Durch Karl Schmidt wurde Hellerau zu einem Ort der Moderne.